Politischer Konflikt im Entscheidungsfindungsprozess des Ministerrats der Europäischen Union: Eine empirische Analyse institutioneller Einflussfaktoren

Abstract

Der Rat der Europäischen Union wird generell als die einflussreichste Institution im rechtlichen Gefüge der Europäischen Union (EU) betrachtet. In vielen Politikfeldern ist der Ministerrat immer noch die einzige gesetzgebende Instanz und auf den restlichen Gebieten teilt er sich dieses Vorrecht lediglich mit dem Europäischen Parlament (EP). Trotz dieser herausragenden Stellung des Ministerrats im politischen Entscheidungsprozess der EU ist bisher wenig über seine interne Arbeitsweise bekannt.

Dieses Kapitel gibt erste Aufschlüsse, auf welcher hierarchischen Ebene gesetzliche Entscheidungen im Ministerrat getroffen werden. Ob über europäische Gesetze de facto durch Bürokraten in Ausschüssen und Arbeitsgruppen oder durch die Minister selbst entschieden wird, hat offensichtliche Konsequenzen für die Beurteilung der Legitimität von Entscheidungen im Ministerrat und in der EU als Ganzes.

Unter der Annahme, dass die Stellung der Entscheidungsebene in der Ratshierarchie ein Ausdruck des politischen Konfliktgrades darstellt, wird außerdem überprüft, inwieweit die institutionellen Charakteristiken eines Entscheidungsprozesses auf den Konfliktgrad einwirken. In theoretischer Hinsicht wird dabei auf einfache räumliche Modelle, die an theoretische Argumente aus der vorhandenen Literatur angelehnt sind, zurückgegriffen. Diese Modelle thematisieren verschiedene institutionelle Einflüsse und stellen dabei unterschiedliche kausale Mechanismen dar. Empirisch basiert die Analyse auf Daten über 166 Gesetzgebungsprozesse, die im Jahr 2003 abgeschlossen wurden.

Publication
Pp. 133-162 in Torsten J. Selck and Tim Veen (eds.): Die Politische Ökonomie des EU-Entscheidungsprozesses: Modelle und Anwendungen
Frank M. Häge
Frank M. Häge
Political Scientist

Senior Lecturer at the University of Limerick. Interested in Legislative Politics, European Union Politics, and Historical Political Economy.